Auf der Zielgeraden: Fortschritte der CDRterra- und CDRmare-Projekte zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre

Zwei BMBF-Forschungsprogramme, ein Ziel: Lösungen an Land und im Meer finden, wie in Deutschland die CO2-Entnahme und Speicherung umgesetzt werden kann. Zu neuen Erkenntnissen tauschten sich Forschende auf der CDRterra- und CDRmare-Versammlung aus.

Die CO2-Speicherung beispielsweise durch das Ausbringen von Gesteinsmehl auf Ackerflächen erhöhen oder Seegraswiesen als CO2-Speicher im Meer ausbauen – die Wissenschaft erforscht ganz unterschiedliche Methoden an Land und im Meer, wie das klimaschädliche Treibhausgas der Atmosphäre entzogen und langfristig gespeichert werden kann. Denn: Neben gezieltem Klimaschutz ist auch die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre erforderlich, um Deutschlands Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert seit 2021 die Forschung zu „Carbon Dioxide Removal – CDR" mit der Maßnahme CDRterra zu landbasierten CDR-Methoden und der Forschungsmission CDRmare „Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung" im Rahmen der Bund-Länder-Vereinbarung zur Deutschen Allianz Meeresforschung. In beide Programme investiert das BMBF aktuell rund 47 Millionen Euro.

Wie sieht der derzeitige Forschungsstand nach nahezu drei Jahren aus? Wie können neu gewonnene Erkenntnisse beider Programme voneinander profitieren? Diese Fragen standen im Zentrum der gemeinsamen Vollversammlung von CDRmare und CDRterra, die vom 12. bis 15. März 2024 in Hannover stattfand und durch ein Grußwort von Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger eröffnet wurde. Etwa 250 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler präsentierten Zwischenergebnisse, diskutierten mögliche Synergien und legten die Ziele für die letzten Meilensteine beider Programme fest, deren insgesamt 16 Verbundprojekte im Laufe des Jahres enden.

In der Entwicklung: konkrete Handlungsempfehlungen und Maßnahmen-Portfolio zu CDR

Ein Ziel der CDR-Forschenden ist es, der Politik und Wirtschaft Ende des Jahres eine Bewertungshilfe von CDR-Methoden vorzulegen. Prof. Dr. Julia Pongratz, Leiterin des Departments für Geographie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Projektkoordinatorin von CDRterra, erklärte: „Aktuell arbeiten wir gemeinsam an einem umfassenden vergleichenden Bewertungsrahmen für die verschiedenen CDR-Methoden an Land und im Meer. Der Bewertungsrahmen soll dabei nicht nur die grundsätzliche Machbarkeit beleuchten, sondern auch mögliche Synergien und Zielkonflikte aufzeigen, die mit einer Umsetzung von CDR-Methoden einhergehen könnten. Wir untersuchen dabei nicht nur, was technologisch möglich ist. Wichtig sind auch ökologische, ökonomische und politische Aspekte – bis hin zu gesellschaftlicher Akzeptanz und Gerechtigkeitsfragen."

Prof. Dr. Andreas Oschlies, GEOMAR – Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, einer der Koordinatoren des CDRmare Forschungsprogramms, betonte: „In CDRmare und CDRterra erforschen wir ein breites Spektrum von CDR-Möglichkeiten transparent und ergebnisoffen. Damit unterstützen wir die gesellschaftliche Debatte über die zukünftigen Klimastrategien mit verlässlichem Handlungswissen. Die Bandbreite unserer Forschung umfasst dabei auch naturnahe Ansätze für die CO2-Aufnahme im Meer wie die Renaturierung von Seegraswiesen, Salzmarschen und Mangroven, sowie Verfahren mit Bezug zur Ozeanchemie wie die Alkalinitätserhöhung und die Speicherung von Kohlendioxid in geologischen Formationen tief unter dem Meeresboden."

CO2 unterirdisch in der deutschen Nordsee speichern: CDRmare und CDRterra im Dialog mit der Gesellschaft

Einige CDR-Lösungen bauen auf der unterirdischen, also geologischen, Speicherung des CO2 auf. Die CO2-Abscheidung und geologische Speicherung, teilweise unter der Abkürzung CCS (Carbon Capture and Storage) zusammengefasst, löst oft eine kontroverse Debatte aus. Welche Kohlendioxid-Lagerstätten kämen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Deutschlands in der Nordsee geologisch infrage? Welche Infrastrukturen müssten geschaffen werden? CDRmare- und CDRterra-Expertinnen und -Experten luden für zwei Stunden interessierte Bürgerinnen und Bürger ein und stellten die aktuellen politischen Entwicklungen zu CCS in Deutschland vor, die künftig CCS tief im Meeresboden ermöglichen sollen. Die Expertinnen und Experten erläuterten, dass derzeit die CCS-Potenziale in der deutschen Nordsee erforscht werden und thematisierten auch die landbasierte CDR-Methode Bioenergie mit CCS (BECCS), welche CO2 aus Biomasse-Verwertung abscheiden soll (siehe Aufzeichnung auf YouTube).

Rund 110 Gäste nahmen an der anschließenden Diskussion teil und stellten Fragen beispielsweise zu den für CCS erforderlichen politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen. Dabei wurde deutlich, dass die Politik einerseits Anreize für CCS schaffen und gleichzeitig eine Transportinfrastruktur für CO2 vorbereiten muss. Auch das Thema gesellschaftliche Akzeptanz von CCS sowie das Risiko potenzieller CO2-Leckagen sprach das Publikum an. Die Expertinnen und Experten betonten, dass es klare Regularien und Grenzwerte für CCS benötigt, um CO2-Leckagen zu verhindern. Besonders betonten die Expertinnen und Experten aus CDRterra und CDRmare, dass CCS kein Ersatz für die drastische Reduktion von Emissionen sein darf. Vielmehr ist CCS als zusätzliche Herausforderung zu begreifen, die erforderlich ist, um die nationalen Klimaziele zu erreichen. Um diese Chance nutzen zu können, setzt sich das BMBF dafür ein, dass zeitnah die erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen (Kohlendioxid-Speicherungsgesetz – KSpG) geschaffen werden.

CDRterra und CDRmare

Die globalen Emissionen sollen bis 2030 halbiert werden, um die globale Erwärmung auf 1,5 °C begrenzen zu können. Deutschlands Ziel ist, bis 2045 klimaneutral zu sein. Um dies zu erreichen, ist zusätzlich zur massiven Reduktion von Emissionen auch die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre und dauerhafte Speicherung erforderlich. Die BMBF-Fördermaßnahmen CDRterra und CDRmare erforschen CO2-Entnahmemethoden an Land und im Meer.

In CDRterra untersuchen zehn Forschungsprojekte CDR-Methoden an Land – auch mit Fokus darauf, wie sich Methoden kombinieren lassen und dadurch eine höhere Wirksamkeit gewonnen werden kann. Neben der Frage nach dem CO2-Entzugspotenzial und der dauerhaften Bindung von CO2 ist die Entwicklung und Bewertung von geeigneten Politikinstrumenten unter Einbeziehung der Öffentlichkeit und Stakeholdern aus der Zivilgesellschaft ein zentraler Aspekt.

Die Forschungsmission CDRmare im Rahmen der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) untersucht in sechs Verbundprojekten, ob und inwieweit der Ozean eine wesentliche und nachhaltige Rolle bei der Aufnahme und Speicherung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre spielen kann. Darüber hinaus werden Zusammenhänge mit und Auswirkungen auf die Meeresumwelt, das Erdsystem und die Gesellschaft ermittelt.

CDRterra und CDRmare werden jeweils in einer zweiten Förderphase fortgesetzt, um die Forschung auszubauen und weiterzuentwickeln. Die CDRmare-Projekte der zweiten Phase starten im August 2024.

Die Einreichung von Projektskizzen zur Förderrichtlinie „Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre" für landbasierte CDR-Methoden ist derzeit noch bis zum 6. Mai 2024 unter diesem Link möglich.